Ich verstand "qualifiziert" als nach streng formellen Kriterien wie ein akademischer Abschluss in dem Bereich oder dazu geforscht/publiziert, aber du meinst das ja rein fachlich-inhaltlich, was auch natürlich geht.Vicarocha wrote: ↑Thu 16. Apr 2020, 02:42 Und wenn sie irgendwo "wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department Psychologie, Abteilung Sozialpsychologie" ist - das sie Psychologin ist, habe ich ihr ja nicht in Abrede gestellt (einem Authoritätsargument werde ich aber auch nicht verfallen) -, ihr APuZ-Artikel ist trotzdem grauenhaft, d.h. stellt den Forschungsstand (auch schon 2011) bestenfalls verkürzend dar, tatsächlich aber eher verzerrt, ja inkorrekt.
Vielleicht ist mein Verständnis von wissenschaftlicher Sprache zu beschränkt, aber sie sagt ja nicht, dass es empirisch an sich belegt wurde, dass "kurz nach dem Konsum gewalthaltiger Filme oder Spiele zu einer erhöhten Verfügbarkeit aggressiver Gedankeninhalte kommt", sondern halt, dass dass das "wiederholt empirisch nachgewiesen" wurde. Und das ist doch korrekt, jedenfalls aus Sicht entsprechender Studien. Vielleicht gibt's andere Studien, die das nicht so nachgewiesen haben (wollen), weiß ich nicht, und die ignoriert sie dann grob, aber das macht die Aussage an sich nicht "falscher".Vicarocha wrote: ↑Thu 16. Apr 2020, 02:42 Nehmen wir als Bsp. ihre Ausführungen zur Zugänglichkeit aggressiver Gedanken:Diese Aussage führt dann als Beleg auch noch ausgerechnet folgende Studie an: Brad J. Bushman, Priming effects of media violence on the accessibility of aggressive constructs in memory, in: Personality and Social Psychology Bulletin, 24 (1998), S. 537-545.Dass es tatsächlich kurz nach dem Konsum gewalthaltiger Filme oder Spiele zu einer erhöhten Verfügbarkeit aggressiver Gedankeninhalte kommt, konnte wiederholt empirisch nachgewiesen werden. Häufig werden dazu in Laborstudien Reaktionszeitexperimente genutzt. Diese zeigen, dass Testpersonen im Anschluss an den meist nur wenige Minuten andauernden Gewaltkonsum schneller auf aggressives Wortmaterial reagieren, welches ihnen am Computer dargeboten wird, als auf neutrale Texte.
Ihre anderen Äußerungen sind ähnlich und z.T. noch problematischer.
(...)
I. Möller ignoriert mit ihrer Behauptung (" konnte wiederholt empirisch nachgewiesen werden") einfach sämtliche so endemische wie offensichtliche Probleme der Forschung, die eben mehr als nur nahelegen, dass hier genau dieses eben nicht empirisch belegt wurde (und das fängt shcon dabei an, dass die entsprechenden Studien keine probaten Spielepaarungen nutzten...). Genau deshalb empfinde ich meinen Artikel ja als so wichtig, weil er auch Laien dazu befähigt, solche Aussagen wie die von I. Möller kritisch zu hinterfragen, ja zu dekonstruieren.
Nun lassen "explode", "murder" etc. auch nicht per se auf aggressivere Gedanken schließen (sie spricht auch nur von "Gedankeninhalten"), wie du ja schreibst, sondern es kommt auch auf den Kontext an, und dann sind die Probanden durch das Spielen von Titeln mit "Gewaltinhalten" vielleicht auch nur irgendwie geprimt dafür, aber nehmen wir das mal als gegeben an. Also das gewalthaltige Spiele kurzfristig zu aggressiveren Gedanken führen. Das alleine wäre ja halt auch noch nicht bemerkenswert, das wird erst durch ihren nächster Absatz doch relevant:
"Wenn solche Aktivierungseffekte auch hauptsächlich als sofortige Auswirkung gelten, so können sie doch auch langfristig eine Veränderung der kognitiven Strukturen bewirken. Eine häufig wiederholte Aktivierung aggressiver Gedankeninhalte führt über die Zeit zu einer Art chronischer Verfügbarkeit der entsprechenden Wissensstrukturen und kann so die Wahrnehmung und Interpretation der betreffenden Person in vielen sozialen Situationen nachteilig beeinflussen." Der Beleg dort verweist auf: "Craig A. Anderson, An update on the effects of playing violent video games, in: Journal of Adolescence, 27 (2004) 1, S. 113-122." Müsste ich jetzt lesen, um das zu beurteilen, hab aber keine Lust. Anderson kann ich zumindest grob einordnen.
Na ja, ist halt schwer als "Laie" (in dem Sinne ist wohl jeder Laie und Experte hier), die Studien richtig zu würdigen. Ist auch nciht so, dass die Autoren es einem unbedingt leicht machen, eher absichtlich schwer.