EinleitungstextVideo- und Computerspiele sind nicht nur schon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, auch die Meinung der Parteien zu diesem Thema interessiert immer mehr Menschen. Vor allem jüngere Wähler zeigen vermehrt politisches Interesse, wenn es um digitale Themen und nicht zuletzt Spiele geht. Bereits 2009 wurde vom Thema Videospiele mit bspw. dem Slogan „Ich wähle keine Spielekiller!“ ein direkter Bezug zwischen Bundestagswahl und digitalen Spielen hergestellt. Nicht zuletzt die Schaffung des Deutschen Computerspielpreises und der Politiker-LAN im Bundestag zeigen, dass das öffentliche Interesse am Thema auch durch die Politik bereits erkannt wurde. Der Computerspieler-Interessensverband (VDVC) sieht es unter anderem als seine Aufgabe, besonders vor Wahlen über die in der Spielerschaft heiß diskutierten Fragen aufzuklären.
FragenBereich Digitales Rechtemanagement (DRM){Bund}DRM findet immer stärkere Verbreitung in der digitalen Welt. Es ist dazu geeignet, dem Besitzer/Nutzer eines digitalen Mediums oder Hardwareartikels die Kontrolle über dessen Verwendung und Inhalt (auch nach dem Kauf) zu entziehen. Immer mehr Anbieter versuchen auf diese Weise, den Handel mit gebrauchten Gütern und Piraterie zu unterbinden oder geschlossene Ökosysteme zu schaffen, die private Gebrauchs- und Auswahlrechte vollständig unter Anbieterkontrolle stellen.
Frage 1) Wie beurteilt Ihre Partei diese Entwicklung
· in Bezug auf den Verbraucherschutz?
· in Bezug auf das Digitale Erbe?
· In Bezug auf die Förderung einer freien Marktwirtschaft/EU-Binnenmarkt?
Frage 2) Welche Forderungen stellt Ihre Partei bezüglich DRM auf und wie beabsichtigt sie diese durchzusetzen?
Bereich Jugend(medien-)schutz{Bund/Länder}Bestimmungen im JuSchG sowie im StGB führen dazu, dass in Deutschland jugendgefährdende Videospiele faktisch auch für Erwachsene nicht legal erhältlich sind (faktisches Verkaufsverbot). Die gesetzlichen bzw. finanziellen Hürden machen es kleineren Anbietern und Händlern regelmäßig wirtschaftlich unmöglich, diese Inhalte Erwachsenen gesetzeskonform anzubieten.
Frage 3) Wie beurteilt Ihre Partei diese Lage
· im Allgemeinen?
· speziell in Bezug auf mögliche Konflikte mit höheren Rechtsgütern?
Frage 4) Welche Forderungen stellt Ihre Partei bezüglich Jugendschutz bei Videospielen auf und wie beabsichtigt sie diese durchzusetzen?
Frage 5) {Bund}Wie erklärt Ihre Partei, dass sich das restliche Europa auf eine einheitliche Freigabepraxis einigen konnte und Deutschland hier einen Sonderweg einschlägt? Wie stellt sich Ihre Partei eine mögliche europäische Lösung vor und wie wird sie diese durchsetzen?
Frage 6) Wie beurteilt Ihre Partei den derzeitigen Nutzen einer Indizierung von Medien, wenn diese leicht über das Internet diskutiert oder beworben werden und ohne Altersprüfung erhältlich sind?
Frage 7) {Bund}Würde sich Ihre Partei dafür einsetzen, Altersverifikation als staatlichen Dienst über den neuen Personalausweis kostenlos (und somit auch auch für kleine Anbieter wirtschaftlich) zur Verfügung zu stellen?
{Länder}Der Entwurf des neuen JMStV beinhaltet eine verpflichtende Alterskennzeichnung von Webseiten für Jugendschutzprogramme.
Frage 8) Wie beurteilt Ihre Partei:
· die technische Machbarkeit (besonders bzgl. Web2.0-Inhalten und SSL-Verschlüsselung)?
· den Umgang (der Seitenbetreiber) mit UGC (Benutzerinhalten)?
· die Implikationen für ungekennzeichnete (z. B. ausländische) Inhalte?
· die (juristischen) Auswirkungen für private bzw. ohne kommerziellen Hintergrund betriebene Webseiten?
· die Problematik des Overblockings im Spannungsfeld mit der medialen Selbstbestimmung der zu schützenden Nutzergruppen?
Frage 9) Wie soll Ihrer Partei nach die digitale und (Medien-)Kompetenz von Kindern und Jugendlichen (u. a. schulisch) gefördert und Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag in der digitalen Welt unterstützt werden?
{Länder}Die Bundesregierung plant eine Neufassung des JuSchG unter Einbeziehung von Telemedien.
Frage 10) Wie steht Ihre Partei zu dem Entwurf? Bitte erläutern Sie insbesondere die unterschiedliche rechtliche Stellung von Trägermedien und Telemedien.
Frage 11) Wird Ihre Partei sich dafür einsetzen das bestehende ("doppelte") Verbot für auf Listenteil B indizierte Inhalte - wie (möglicherweise versehentlich) im Entwurf der Bundesregierung vorgesehen - abzuschaffen?
Bereich Kulturförderung und gesellschaftliche Dimension{Bund/Länder}Digitale Spiele sind seit 2008 anerkanntes Kulturgut. Die Erstellung von Videospielen erreicht und übertrifft regemäßig den Aufwand und den wirtschaftlichen Erfolg von großen Filmprojekten. Es gibt jedoch unterschiedliche Ansichten zur Kunstfreiheit von Spielen im Gegensatz zu Film und Literatur.
Frage 12) Wie beurteilt Ihre Partei
· die Rolle von Videospielen als Kulturgut?
· den Status von digitalen Spielen als Kunst?
· die Kulturförderung im Bezug auf Videospiele?
Frage 13) Welche Forderungen stellt Ihre Partei bezüglich der Kulturförderung bei Videospielen auf und wie beabsichtigt sie diese durchzusetzen?
Frage 14) {Länder}Setzt sich ihre Partei für die Nutzung öffentlicher/öffentlich mitverwalteter Räumlichkeiten durch Video- und Computerspieler (z.B. für LAN-Parties und eSport-Turniere) bzw. gegen ein Verbot von Veranstaltungen rund um Videospiele (auch solche, die nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen) ein und unter welchen Voraussetzungen soll Ihrer Partei nach eine Nutzung geschehen?
(Trickfrage: außer Eingangskontrollen zur Überprüfung der Volljährigkeit, sollte es keine Voraussetzungen geben){Bund/Länder}Spiele sind unterhaltsam, haben oft durch ihre Interaktivität auch großes therapeutisches und (erzieherisches) Ausbildungspotenzial.
Frage 15) Welche Ansichten hat Ihre Partei zur Nutzung von Spielen in einem therapeutischen/erzieherischen Rahmen und wie sollen Ihre Forderungen umgesetzt werden?
{Bund/Länder}Wie bei jedem Konsumgut gibt es auch bei digitalen Spielen (bzw. allgemein der Internetnutzung) Gefahren für suchtgefährdete Menschen, sich in einer digitalen Welt zu verlieren. Gleichzeitig bietet sich bei diesem Medium ein ungleich größeres Potenzial gegenüber anderen Konsumgütern, betroffene Menschen zu erreichen und ihnen Hilfe zukommen zu lassen.
Frage 16) Welche Forderungen stellt Ihre Partei zum Umgang mit der digitalen Suchtproblematik und wie beabsichtigt sie, diese durchzusetzen?
Bereich Urheberrecht{Bund}Gesellschaft und Kultur bestehen zum einem großen Teil aus dem Teilen von Meinungen, Ideen und kulturellem Selbstverständnis einschließlich deren Kulturgütern. Diese Ideen und kulturellen Medien können derzeit einem alleinigen Nutzungsanspruch durch den oder die ursprünglichen Erschaffer unterliegen. Dies soll garantieren, dass sich der Aufwand zur Schaffung von gesellschaftlichen Gütern auch in finanzieller Weise lohnen kann. Kopien dieser Ideen werden mitunter von Inhabern des Urheberrechts verfolgt.
Frage 17) Welche Forderungen stellt Ihre Partei zum Umgang mit Bearbeitungen von und kritischer Auseinandersetzung mit geschützten Inhalten (Remixe und Reviews) insbesondere bezüglich
· kommerziellen und nicht-kommerziellen Nutzungen der Inhalte als Beiwerk zu einem neuen Werk („fair-use“ Mechanik)?
· automatisierten Rechteverwaltungssystemen, die Sperrungen oder (außergerichtliche) Bestrafungen von Erstellern von Inhalten vornehmen, die von anderen erstellte Inhalte als Beiwerk enthalten?
· den europäischen Ansätzen zur Neuordnung des Urheberrechtes?
· der Deckelung von Ansprüchen, die sich aus der Verletzungen von Urheberrechten ergeben?
· die Begrenzung des Urheberrechts auf die Lebenszeit des Erstellers ohne weitere Schutzfrist?
SchlusswortVielen Dank für die Beantwortung dieser Wahlprüfsteine. Wir werden die Statements zusammen mit den Antworten der anderen Parteien auf unserer Webseite unter
http://vdvc.de einstellen und zur Wiederveröffentlichung (gemäß CC-by-nd-Lizenz) freigeben.
VerfahrenDie Fragen werden samt Einleitungstext über die auf der Webseite der jeweiligen Partei angebotene Weise übersandt, falls kein ersichtlicher Grund dagegen spricht auch per E-Mail oder Kontaktformular. Befragt werden alle zu Landtags- oder Bundestagswahlen zugelassenen Parteien, wobei im Fragetext die übliche Bezeichnung für die jeweilige Partei (statt „Ihre Partei“) eingefügt wird.