Viele Computerspieler dürften nichts davon mitbekommen haben: Gestern wurde wieder der vom Deutschen Bundestag unterstützte Deutsche Computerspielpreis verliehen. Nachdem das Gewalttabu beim Deutschen Computerspielpreis letztes Jahr von fast allen Seiten angeprangert wurde, und so zumindest für ein bisschen Restaufmerksamkeit gesorgt hat, wurden Videospiele für Erwachsene nun auf eine etwas geschicktere Art von der Preisverleihung ausgeschlossen. Für die Auszeichnung von international angesehenen Blockbustern war dieses Jahr der in die Gala integrierte Lara-Award zuständig.
Besonders schade ist dieser Umstand, da die meisten Preisträger ihre Auszeichnungen durchaus verdient haben. Darunter auch das Spiel des Jahres 2010: A New Beginning. Das politisch und gesellschaftlich hochaktuelle Point-and-Click-Adventure schickt den Spieler in eine dystropische Zukunft, in der die Welt von einem Atom-Unfall verwüstet wurde. „Ohne pädagogischen Zeigefinger wird der Spieler mit den großen Zukunftsherausforderungen im Hinblick auf das Thema Energie konfrontiert und bestens unterhalten – ein Spiel, das Spaß macht und dennoch sensibilisiert“, begründet die Jury ihre Entscheidung. Wahrscheinlich hätte es sich auch gegen nicht jugendgerechte Konkurrenz durchsetzen können.
Angesichts dieser Umstände kann die Verlegenheitslösung, den Preis für das beste internationale Spiel an den Lara-Award auszulagern, nur beschämen. In dieser Kategorie hatte immer die Gefahr bestanden, ein kulturell wertvolles, aber nicht unbedingt jugendgerechtes Spiel auszuzeichnen. Nominiert waren in der Vergangenheit unter anderem GTA 4 und Dragon Age: Origins, die vor allem aufgrund ihrer gesellschaftskritischen Elemente beliebt sind, sich aber eindeutig an ein volljähriges Publikum richten. Dieses Jahr hätte man es besser machen und so Glaubwürdigkeit und Anerkennung für die gesamte Preisverleihung verdienen können. Die gewählte Taktik zeigt umso deutlicher, wie schwer man sich in der Politik noch immer mit dem Thema Videospiele tut – auch auf Kosten der Titel, die explizit gefördert werden sollen.
Doch es gibt Hoffnung, dass der Computerspielpreis doch noch zu dem wird, was er von Anfang an hätte sein sollen. So forderte Dorothee Bär (Jurymitglied und Bundestagsabgeordnete der CSU) auf der Bundestags-LAN, dass generell auch Spiele ausgezeichnet werden sollten, die sich an Erwachsene richten. Weit ab von der Gefahr einer Auszeichnung als Bestes Spiel hat sich sogar schon im letzten Jahr ein Survival-Horror als bestes Studentenkonzept durchgesetzt. Dann wäre die Integration des Lara-Awards nur eine Übergangslösung auf dem Weg zu einem ernsthaften Computerspielpreis. In seiner aktuellen Form, am Rande der öffentlichen Wahrnehmung und fern ab der Anerkennung durch die Computerspieler, hat er leider kaum einen Wert.
Sehr schöner Text. Vielen Dank!
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